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Vorlage - Rat/018/2022  

Betreff: Erlass des Erschließungsbeitrages für den Neubau einer Kindertagesstätte am Kleberkamp
Status:öffentlich  
Verfasser:Anette Eckelt
Federführend:Fachbereich Finanzen Bearbeiter/-in: Eckelt, Anette
Beratungsfolge:
Ausschuss für Finanzen Vorberatung
07.03.2022 
Sitzung des Ausschusses für Finanzen ungeändert beschlossen   
Verwaltungsausschuss Vorberatung
Rat der Gemeinde Lamspringe Entscheidung
23.03.2022 
Sitzung des Rates der Gemeinde Lamspringe ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n
Anlagen:
Kiga_Bedarfsplanung_2021  

Sachverhalt: 

Maßgebliche Vorschrift für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen ist der § 127 Abs. 1 BauGB. Danach erheben die Gemeinden, zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen, einen Erschließungsbeitrag. Aus dieser Erhebungsbefugnis folgt zugleich die gemeindliche Pflicht zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen.

Die Erhebungspflicht ist zwingendes Bundesrecht. Der Gemeinde steht es daher in direkter Anwendung der bundesgesetzlichen Regelungen zu (insb. § 135 Abs. 5 BauGB), von der Erhebung von Erschließungsbeiträgen durch entsprechenden Beschluss abzusehen.

Eine entsprechende Befreiungsregelung findet sich nicht in der Erschließungsbeitragssatzung Lamspringe.

Rechtsgrundlage für die Entscheidung durch Ratsbeschluss ist § 135 Abs. 5 BauGB. Nach der Vorschrift kann die Gemeinde im Einzelfall auch von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten geboten ist. Die Freistellung kann auch für den Fall vorgesehen werden, dass die Beitragspflicht noch nicht entstanden ist.

 

Die sachliche Zuständigkeit des Rates ist gem. § 58 Abs. 1 Nr. 7 NKomVG gegeben.

Ein Härtefall i.S.v. § 135 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 BauGB liegt nicht vor. Bei den Billigkeitsfällen muss es sich um atypische Fälle handeln, die sich auf Sachverhalte beziehen, die von dem vom Gesetzgeber als Normalfall geregelten Tatbestand in beitragsrechtlich relevanten Merkmalen deutlich abweichen. Dazu zählt insbesondere nicht die Anlage von Kindergärten.

Gleichwohl könnte gem. § 135 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 BauGB die Befreiung im öffentlichen Interesse geboten sein. Der Begriff „im öffentlichen Interesse“ bedarf der Auslegung, wobei insbesondere der Zweck der Vorschrift zu berücksichtigen ist. Hierzu wird überwiegend eine weite Auslegung des Begriffs vertreten. Zweck der Vorschrift ist es, der Gemeinde eine Möglichkeit einzuräumen, über das Instrument der erschließungsbeitragsrechtlichen Abrechnung u.a. spezifischen, tatsächlich bestehenden, wirtschaftlichen und soziokulturellen Interessen der örtlichen Gemeinschaft Rechnung tragen zu können. Der Gemeinde muss daran gelegen sein, durch den Verzicht etwas zu fördern, was im öffentlichen Interesse liegt.

§ 135 Abs. 5 BauGB setzt voraus, dass der Erlass im öffentlichen Interesse geboten ist. Damit reicht es nicht aus, wenn der Erlass dem öffentlichen Interesse dienlich ist, vielmehr muss er von den bezeichneten Gesichtspunkten gefordert werden. Gefälligkeitserlasse sind unzulässig und stets eine Einzelfallentscheidung erforderlich. Geboten ist eine Billigkeitsmaßnahme nicht nur, wenn sie zur Verfolgung des jeweils relevanten öffentlichen Interesses unerlässlich ist, sondern schon dann, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls vernünftigerweise angezeigt ist, es also einleuchtende Gründe für die Billigkeitsmaßnahme in dem Sinne gibt, dass angenommen werden kann, es könne durch die Maßnahme zugunsten eines im Interesse der Gemeinde liegenden Vorhabens Einfluss genommen werden kann.

Danach kann der Bau einer Kindertagesstätte im Einzelfall ein öffentliches Interesse begründen, welches eine Befreiung von der Erschließungsbeitragspflicht rechtfertigt. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Realisierung des Kindertagesstättenbaus ohne Erschließungsbeitragsbefreiung tatsächlich in nachvollziehbarerer Weise gefährdet würde.

 

Die Gemeinde Lamspringe hat bereits mit der Kindergartenbedarfsplanung in 2019 festgestellt, dass in der Zukunft ein erheblicher Bedarf an Betreuungsplätzen besteht, der nur durch die Schaffung von neuen Kindergartenplätzen gedeckt werden kann. Die aktuelle Situation zeigt, dass trotz Schaffung einer Übergangslösung mit 10 zusätzlichen Betreuungsplätzen der Bedarf an Plätzen nicht gedeckt werden kann.

Die Lebenshilfe konnte als Partner für benötigten Neubau eines Kindergartens gewonnen werden. Ohne den Verzicht auf die Erschließungsbeiträge würde es für den Träger eine nicht tragbare Erhöhung des Finanzierungsaufwandes bedeuten, so dass die Umsetzung des Vorhabens gefährdet wäre.

Das würde bedeuten, dass zahlreiche Kinder innerhalb der Gemeinde keine wohnortnahe Betreuung in Anspruch nehmen könnten. Dies würde dem Standort und dem Ansehen der Gemeinde schaden. Weiterhin würde dies eine Zuwiderhandlung gegen die vertragliche Vereinbarung mit dem Landkreis Hildesheim über die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinderbetreuung bedeuten, bei dem sich die Gemeinde zur Schaffung benötigter Plätze verpflichtet hat.

Aus den dargelegten Gründen liegt die Beitragsbefreiung im öffentlichen Interesse.

 

Finanzielle Auswirkungen:

Die vorliegenden Planzahlenr die Durchführung der Enderschließung (beitragsfähiger Erschließungsaufwand) belaufen sich auf ca. 162.000 €. Gem. § 6 der Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde Lamspringe trägt 10 % des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes die Gemeinde. Damit verbleibt ein zu verteilender Erschließungs-aufwand in Höhe von 145.800 €. Dieser wird anteilig auf die berücksichtigungsfähigen Grundstücke verteilt (§ 7 Erschließungsbeitragssatzung).

Da die endgültige Ermittlung der Nutzungsflächen noch aussteht, kann das Verhältnis zwischen Kindertagesstte und Reittherapiezentrum zurzeit nur geschätzt werden. Geht man von einem Verhältnis von 20:80 aus, läge die Höhe des Erschließungsbetrages, auf welchen verzichtet wird, zwischen 30.000 und 40.000 €.

 


 

Beschlussvorschlag:

Es wird beschlossen, für den Bau der Kindertagesstätte der Lebenshilfe am Kleberkamp auf die Erhebung des Erschließungsbeitrages für den Straßenendausbau zu verzichten.

 


Anlage/n:
Kiga-Bedarfsplanung 2021
 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Kiga_Bedarfsplanung_2021 (191 KB)